“Manche Leute fühlen den Regen. Andere werden einfach nur nass.” Bob Marley.
Ums spüren, wahrnehmen und präsent sein, ging’s in der diesjährigen Yoga- und Mediationswoche. Mit einem tüchtigen Regenguss und einem feinen Kräutertee im heimeligen Bahnhofscafe von Valendas-Sagogn begann unsere Yoga- und Meditationswoche. Die genussvolle Wanderung nach Zir Pign wollten wir uns trotz Regen nicht nehmen lassen und so zogen wir los, mit allen Sinnen die Natur auskostend und vertieft in spannende Gespräche. So oft schimpfen wir über das Regenwetter, aber für die Meditationswoche war es ganz stimmig, so abzutauchen in unsere innere Welt, das Rauschen des Vorderrheins, das Tropfen des Regens, in der Geborgenheit der Jurte. Die Aufhellungen nutzten wir für Gehmeditationen auf der Wiese und Erkundungsgänge übers Land. So kamen wir langsam in unseren Rhythums aus früh aufstehen, stille Meditation, Yoga, ein feines wärmendes Frühstück und dann wieder Sitz- und Gehmeditation bis zum Mittagessen. Am Sonntag überraschte uns Diego mit wunderschön warmen Badefass, in das man bis zum Hals eintauchen konnte und heisses Wasser aus dem daneben bollernden Sauofen nachfliessen lassen konnte. Wie herrlich für die das Sitzen noch nicht so gewohnten Knochen oder die Gfrörli unter uns, die noch ganz an die sommerlichen Temperaturen gewöhnt waren.
Den Nachmittag begannen wir jeweils mit der Kundalini-Meditation von Osho, um die Nachmittagsfäule abzuschütteln und in Schwung zu kommen, dann wieder stille Meditation und Yoga. Die ersten Tage waren wir noch fleissig am Schwatzen und uns kennenlernen, ab dem dritten Tag gingen wir in Schweigen. Wir waren mittlerweile ein gut eingespieltes Team aus Abwaschern und Wasserträgern von der Quelle und alles lief bestens auch ohne Worte. Es war sehr berührend, so im Schweigen zusammen zu sein, zu essen, in Ruhe und trotzdem Verbundenheit.
Das Wetter wurde auch langsam besser und am Mittwoch konnten wir abends endlich eine Feuerzeremonie machen. Diego entzündete für uns das heilige Feuer mit dem Feuerbohrer. Es war sehr faszinierend, zuzusehen, wie plötzlich der Funke sprang, der Jutebausch Feuer fing und im Nu das Kleinholz brannte – ohne Papier, ohne Zündhölzer.
Am Donnerstag Nachmittag endete dann unsere offizielle Schweigeperiode. Trotzdem ergaben sich spontan viele Momente der Stille, auch auf der Wanderung am Freitag. Am Donnerstag Abend machten wir wieder ein Lagerfeuer und sangen Kraftlieder, Mantren und schweizer Volkslieder.
Der Freitag war dann die grosse Belohnung für unsere innere Arbeit, der Himmel klar und wolkenlos, strahlend, frisch gewaschen die Welt. Endlich strahlte die Sonne wieder nach einer Woche grösstenteils bedecktem Wetter. Nach der Morgenmeditation und dem Yoga und üppigem Frühstück machten wir uns auf, um die Rheinschlucht von oben zu schauen. Spontan gingen wir wieder in Stille, als verschworene kleine Gemeinschaft. Beim Silser See waren wir schon etwas geschockt von der Zivilisation, all den lauten Menschen. Wie empfindlich man in so einer Woche wird, wie empfänglich, das wurde mir erst da wieder bewusst. Ein grosser Zaun umgab die sonnige Südseite des Sees. Wir hatten keine Lust, in der geleckten Badeanlage eintritt zu zahlen und suchten uns ein Plätzchen an der abschüssigen Nordseite. Das kristallklare Wasser lockte und wir schwammen bis zu einer Plattform mitten im See. Ui, war das kalt! Zum Glück wärmte uns die Sonne wieder. Zwei der Teilnehmer konnten sich nicht überwinden, zurück ins kalte Wasser zu gehen. Sicher eine halbe Stunde harrten sie auf der Insel aus, bis sich endlich eine Mitfahrgelegenheit in Form eines Gummiboots ergab und die zwei Gestrandeten ans sichere Ufer zu den warmen Kleidern brachte. Zu Hause in Zir Pign wartete schon der Pizzateig auf uns und wir feierten unseren letzten Abend mit herrlicher Holzofen-Pizza.
Ach, was für ein herrliches Leben in Zir Pign! Tausend Dank an Diego, der uns so liebevoll im Hintergrund umsorgte und unterstütze, der mit Lebensmittelvorräten einsprang, als ich wegen Maria Himmelfahrt ohne Essen für die Teilnehmer dastand, vielen Dank auch an meine Mutter Susann, die so herrlich fürs leibliche Wohl sorgte und noch die Energie hatte, auch am Yoga und den Meditationen teilzunehmen. Danke auch allen Teilnehmern fürs tatkräftige Mithelfen in der Küche und beim Wasserholen und Abwaschen.
Schliessen möchte ich diesen Bericht mit einem Zitat von Eckart Tolle, der unser Forschen und Beobachten in dieser Woche schön zusammenfast, unsere Suche nach dem “Ich bin”, der inneren Stille.
“Wenn du die Berührung mit der inneren Stille verlierst, verlierst du den Kontakt mit dir selbst. Wenn du den Kontakt mit dir selbst verlierst, verlierst du dich in der Welt. Das innereste Selbstgefühl, das Gefühl dessen, der du bist, ist untrennbar mit Stille verbunden. Das ist das “Ich bin”, das tiefer ist als Namen und Formen.”
Eckart Tolle